Eigentlich ist alles ganz einfach und doch ganz kompliziert bei der ambulanten Pflegefinanzierung.
In der Schweiz gibt es 3 Möglichkeiten für Spitexangebote.
Es sind die Klienten/ Kund:Innen selbst, die wählen, welche sie möchten aus den folgenden 3 Varianten. Es ist nicht das Spital, der Arzt oder der Staat welche dies bestimmen.
1. öffentlicher Spitexbetrieb, welcher unter Vertrag mit der Gemeinde oder dem Kanton ist und eine Aufnahmepflicht hat
2. privater Spitexbetrieb
3. Eine oder mehrere Freiberufliche Diplomierte Pflegefachperson (Spitex entsprechend der früheren Gemeindeschwester)
4. oder alle von 1-3 gemeinsam
Alle drei benötigen eine Bewilligung der Gesundheitdirektion.
1. und 2. benötigen eine Betriebsbewilligung und 1-2 Dipl. Pflegefachpersonen mit Berufsausübungsbewilligung.
3. benötigen eine Berufsausübungsbewilligung und eine ZSR Nr. um direkt mit den Kassen abrechnen zu können
Die Pflegefinanzierung ist kantonal geregelt.
Immerhin aber ist national festgelegt, dass die Krankenkassen Grundversicherung (OKP) an die Pflegeleistungen pro Stunde folgende Beträge übernehmen:
Für die Abklärung und Beratung CHF 76.90 pro Std.
Für die Behandlungspflege CHF 63.00 pro Std.
Für die Grundpflege CHF 52.60 pro Std.
Die Spitexleistungen für Behandlungspflege müssen ärztlich verordnet sein. Diejenigen für Abklärung und Beratung und Grundpflege nicht, da muss der Arzt nur informiert werden.
Das ist eine riesige Errungenschaft, dass dieser Tarif für alle Krankenkassen und national gleich hoch ist, unabhängig davon. welche Spitex sie wählen.
Beim Patienten- Selbstbehalt für Spitex wird es schon wieder kompliziert, da jeder Kanton eine eigene Regelung hat. Dieser Betrag fällt zusätzlich zu Franchise und Selbstbehalt an für den Patienten.
Im Kanton Zürich zahlt der Klient pro Einsatztag CHF 7.65 selbst, im Kanton St. Gallen oder Aargau bis zu max. 15.35 pro Tag, was 20% der Kosten abdecken soll. Hier gehen also die Kosten für die Patienten bereits auseinander.
Haushalts- und Betreuungsleistungen werden seitens Gemeinde nur zu Handen der öffentlichen Spitex subventioniert. Den Kassen (nur Zusatzversicherungen) dürfen unterschiedliche Beträge in Rechnung gestellt werden.
Kanton Zürich CHF 49.80
Kanton Aargau CHF 48.50
Zudem ist es der Spitex frei gestellt, dem Klienten einen höheren Betrag in Rechnung zu stellen für Haushalt und Betreuung.
Im Kanton Zürich erhalten alle 3 Anbieter unterschiedliche Normdefizite pro Pflegestunde und so auch in den meisten anderen Kantonen auch. Da der Beitrag der Krankenkassen die Kosten pro Pflegestunde niemals decken würde.
So kommen die Spitexbetriebe oder Dipl. Freiberuflichen im Schnitt pro Stunde auf ca. 90-120 Franken. Ein Hinweis dazu, wenn jemand denkt, dies sei sehr viel. In diesem Std. Satz ist die Autoanreise, die Handschuhe, die Händedesinfektion enthalten (Stichwort-Tarifschutz). Ein Vergleich: ein Handwerker, wie z.B. Sanitär erhalt pro Stunde 160.- Franken, zusätzlich darf Auto und Material verrechnet werden.
Also kann man schon davon sprechen, dass Freiberufliche Pflegefachpersonen, welche für CHF 100.- Pflegekosten pro Stunde im Schnitt, eine Einzelfirma führen, schon sehr motivierte Berufsleute sind.
Falsche Annahmen
Es gehen viele falsche Annahmen herum zu den Unterschieden zwischen öffentlicher und privater Spitex. Teilweise wird auch falsch informiert. Einige Beispiele:
1. Die öffentliche Spitex Pflege ist günstiger als die private oder Freiberufliche.
Stimmt nicht, was den Bereich der Pflege anbelangt. Da gilt der Tarifschutz und es darf genau so viel verrechnet werden, wie der Kanton vorschreibt. Aus Sicht der Gemeinde ist es sogar so, dass die private und die freiberuflichen pro Stunde günstiger sind, da das Normdefizit geringer ist, welches die Gemeinde bezahlen muss, dies hängt aber davon ab, wie die Pflegeleistungen eingeschätzt werden.
Allerdings verrechnen die privaten Spitexbetriebe häufig eine Fixzeit und schöpfen diese auch aus, obwohl dies nicht unbedingt notwendig wäre. Die öffentliche Spitex und die Freiberuflichen somatischen Pflegefachpersonen erbringen den Einsatz nur so lange er wirklich vor Ort notwendig ist.
2. Die Betreuung und der Haushalt durch die private Spitex ist teurer.
Dies stimmt bedingt, da die Gemeinde der Spitex häufig einen Restbetrag vergütet, damit die Kosten gedeckt werden können. Im Einzelfall kann jede Spitex für Haushalt und Betreuung soviel verlangen wie sie möchte. Die Zusatzversicherungen der Krankenkassen vergüten die Kosten nur, ebenso die Gemeinden, wenn ein ärztliches Zeugnis für Haushaltspitex vorliegt. Die privaten Spitexbetriebe benötigen kein Arztzeugnis, da sie sowieso meist von den Gemeinden nichts erhalten.
3. Die öffentliche Spitex steht im Gegensatz zu Privaten oder Freiberuflichen innerhalb von 24 h bereit.
Ja dies stimmt so und ist zumindest im Kanton Zürich gemäss Pflegegesetz so vorgeschrieben. Es ist so, dass diese 24 h jedoch manchmal auch nur unter Beibezug von privaten Spitexorganisationen, Temporärpersonal oder Freiberuflichen eingehalten werden kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass private ohne Vertrag mit der Gemeinde für die Aufnahme innerhalb von 24 h, trotzdem einen Klienten innerhalb von 24 h aufnehmen können. Inbesondere nach Spitalaufenthalt ist die Aufnahme innerhalb von 24 h auch bei privaten oder Freiberuflichen gewährleistet, vor allem wenn sie die Klienten schon betreuten.
4. Wenn ich bei der öffentlichen Spitex bin, kann ich nicht gleichzeitig die Dienstleistungen von privaten in Anspruch nehmen, oder umgekehrt.
Doch dies ist möglich. Manchmal müssen sogar 3 Anbieter bei einem Klienten in Aktion treten, um alle Leistungen über 24 h und an 7 Tagen pro Woche erbringen zu können. Häufig ist eine Absprache mit den Krankenkassen jedoch notwendig, damit alle Pflege-Leistungen auch wirklich seitens Krankenkasse übernommen werden können und es muss im Einzelfall geklärt werden, wie das Spitex-Zeugnis erstellt werden soll und wer die Fallführung und welche Leistungen hat.
5. Private arbeiten nur mit Hilfskräften
Dies stimmt so auch nicht, da Freiberufliche Pflegefachfrauen immer ein Diplom besitzen auf Tertiärstufe und es gibt private Spitexbetriebe, welche auch viel Dipomiertes Pflegefachpersonal haben. Zudem dürfen nur Diplomierte Pflegefachpersonen die Abklärungen (= A Leistungen vornehmen). Ebenso benötigen Hilfskräfte immer einen Diplomierte Ansprechperson im Hintergrund, welche sie konsultieren können. Private delegieren jedoch in der Regel viele Leistungen an Hilfskräfte, da aufgrund der niedrigeren Vergütung die Rentabilität ohne Hilfspersonal und weniger Diplomierten gar nicht gegeben wäre.